Navigationstaugliche Karten und Pläne verfügen über aufgedruckte Koordinatengitter.
Im Kartengitter ist die zweidimensionale Abbildung der dreidimensionalen Erdoberfläche in Form eines Koordinatensystems realisiert.
Historisch bedingt werden in allen Ländern der Welt viele unterschiedliche Koordinatensysteme verwendet.
Die Erde ist keine Kugel sondern ein mathematisch nicht definierbarer Geoid, dessen Form sich am Besten mit einem Ellipsoid vergleichen lässt.
Um eine genaue Abbildung einer Region in einem Koordinatensystem zu gewährleisten, wird an die darzustellende Region ein dort möglichst gut passendes so genanntes Bezugsellipsoid angelegt.
Das Bezugsellipsoid ist mathematisch definiert, so dass darauf ein Koordinatensystem abgebildet werden kann.
Ein auf einem Bezugsellipsoid abgebildetes Koordinatensystem wird Koordinatenbezugssystem oder abgekürzt CRS oder auch "Geodätisches Datum" genannt.
So kommt es, dass in allen Ländern der Welt verschiedene und oft mehrere klein- und großräumige, historische und moderne Koordinatenbezugssysteme parallel zueinander verwendet werden.
Jedes Land hat ein oder sogar mehrere eigene historische Koordinaten- und Bezugssysteme. In vielen Ländern konkurrieren immer noch mehrere Systeme miteinander. Am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland soll dieser Zustand aufgezeigt werden.
Preußische Katastersysteme
Das Deutsche Vermessungswesen mit relativ genauen Karten hat seinen Ursprung in den um 1880 eingerichteten Preußischen Katastersystemen.
Die Abbildung erfolgte in 40 verschiedenen Soldner-Koordinatensystemen auf dem Bezugsellipsoid Bessel.
Die Soldner-Projektionen haben ihren Nullpunkt jeweils in größeren Städten an historischen Örtlichkeiten wie Kirchen, Schlössern und Staatsgebäuden.
Im Bundesland Berlin wird immer noch die Soldner-Projektion "Müggelsberg" verwendet.
DHDN (alte Blöcke)
Abb. 1: Helmert-Turm
In den alten Bundesländern und im wiedervereinigten Deutschland wurde das Potsdam-Datum mit Bezug auf das Bessel-Ellipsoid verwendet.
Das Potsdam Datum ist mit dem landesweiten "Deutschen Hauptdreiecksnetz" (DHDN) verknüpft.
Das DHDN hat die Vielzahl der Preußischen Katastersysteme abgelöst.
Die Abbildung erfolgt in der Regel in einem geographischen Koordinatensystem oder in einem Gauß-Krüger-Koordinatensystem mit drei Grad breiten Meridianstreifen.
Kleinmaßstäbige Karten werden auch in verschiedenen Lambert-Koordinatensystemen dargestellt.
Der Helmert-Turm wurde im Jahr 1892 auf dem Potsdamer Telegraphenberg eingeweiht und nach dem Geodäten Professor Friedrich Robert Helmert benannt.
Der Turm war ursprünglich der alleinige Nullpunkt der preußischen Landesvermessung.
Im Jahr 1923 ist der Nullpunkt für das DHDN auf den Berliner Rauenberg verlegt worden.
Trotzdem blieb die Bezeichnung Potsdam-Datum für das DHDN erhalten.
Um Missverständnisse zu vermeiden hat man den Zusatz "Zentralpunkt Rauenberg" hinzugefügt.
Nach 1950 wurde der Helmert-Turm als gesamtdeutscher Nullpunkt in das Europäische Koordinatenbezugssystem ED50 eingefügt.
S42/83
Abb. 2: Pulkovo Observatorium
In der DDR kam das System S42/83 auf dem Krassowskij-Ellipsoid mit Abbildung in einem Gauß-Krüger-Koordinatensystem mit sechs Grad breiten Meridianstreifen zum Einsatz.
Die Karten mit dem Aufdruck "Ausgabe für den Staat" waren staatlichen und vorzugsweise militärischen Zwecken vorbehalten.
Wesentlich vereinfachte und relativ ungenaue Karten für wirtschaftliche und private Zwecke wurden mit Gauß-Krüger-Koordinaten auf drei Grad breiten Meridianstreifen zur Verfügung gestellt.
Da die Datumsparameter für das geodätische Bezugssystem S42/83 auf der Lage des Observatoriums Pulkovo in Sankt Petersburg, Russland basieren, hat es den häufig verwendeten Beinamen "Pulkovo".
RD83 / PD83
Abb. 3:
Topographischer Punkt Rauenberg
In einigen neuen Bundesländern werden das Rauenberg-Datum (RD83) und das Potsdam-Datum (PD83) mit Bezug auf das Bessel-Ellipsoid benutzt.
Die Abbildung erfolgt einheitlich zu den alten Bundesländern im geographischen Koordinatensystem oder im Gauß-Krüger-Koordinatensystem mit drei Grad breiten Meridianstreifen.
Abb. 4:
Gedenktafel am TP Rauenberg
Seit 1923 gibt es eigentlich keinen Unterschied mehr zwischen dem Potsdam-Datum und dem Rauenberg-Datum, denn beide Bezeichnungen beziehen sich auf den Nullpunkt des Deutschen Hauptdreiecksnetzes.
Grund dafür ist die Verlegung des Nullpunktes vom Potsdamer Telegraphenberg zum Berliner Rauenberg.
Das auf Rauenberg bezogene geodätische Datum des DHDN wird dennoch häufig unzutreffend als Potsdam-Datum bezeichnet.
Der eigentliche Nullpunkt Rauenberg im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg ist im Jahr 1910 durch Kiesabbau zerstört worden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man den Abbau mit fast 200.000 m³ Trümmerschutt wieder aufgefüllt und später Marienhöhe genannt.
Der neue Nullpunkt Rauenberg wurde an genau derselben Stelle, aber elf Meter über dem ursprünglichen Niveau, neu errichtet.
DHDN90
Abb. 5:
Deutsches Hauptdreiecksnetz
Am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990, erarbeiteten Vertreter der Grundlagenvermessung der alten und neuen Bundesländer einen Entwurf, der ein einheitliches geodätisches Bezugssystem im vereinten Deutschland zum Ziel hatte.
Dies konnte nur per Definition geschehen, indem man die oben beschriebenen, historisch gewachsenen Bezugssysteme DHDN, S42/83, RD83 und PD83 zum neuen DHDN90 zusammenführte.
Das DHDN90 kann als ein kombiniertes Koordinatenbezugssystem (engl. Compound Coordinate Reference System, CCRS) angesehen werden.
Am Nullpunkt Rauenberg ist eine Tafel mit dem ursprünglichen Hauptdreiecksnetz der Königlich Preußischen Landesaufnahme aus dem Jahr 1900 angebracht.
ED50
Abb. 6: UTM-Meldegitter
Das militärische Geowesen verwendet den europäischen NATO-Standard mit dem Europäischen Datum ED50 auf dem Internationalen Ellipsoid von Hayford mit Abbildung im UTM-Koordinatensystem oder im UTM-Meldegitter (MGRS).
Das Koordinatenbezugssystem ED50 hat den Helmert-Turm auf dem Potsdamer Telegraphenberg als Nullpunkt.
Das Ellipsoid ist demnach so zum Erdkörper gelagert, dass es das Geoid in Potsdam berührt.
Für das Europanetz ED50 sind in den 50ger Jahren die Dreiecksnetze von zwanzig westeuropäischen Staaten präzise zusammengefügt worden.
Es hat heute keine große Bedeutung mehr, wird aber für einige grenzüberschreitende Aufgaben weiterhin herangezogen, wie z.B. im zivilen Katastrophenschutz, der Luft- und Seefahrt und im Funkverkehr.
Ehemalige Militärangehörige, kennen das UTM-Meldegitter, das auch UTMRef genannt wird.
UTMRef ist ein in Planquadrate organisiertes geografisches Meldesystem, das auf dem UTM-Koordinatensystem im Bezugssystem ED50 basiert.
Eine Koordinate wird mit einer Kombination aus Buchstaben und Ziffern dargestellt, die sich aus Quadraten mit sich verfeinernden Seitenlängen ergeben.
Auf diese Weise lassen sich Positionen sehr einfach aus Karten lesen und als kompakte geografische Angaben formulieren.
WGS84
Abb. 7: GPS-Satelliten
Das World Geodetic System (WGS) ist ein Standard für die Kartografie, Geodäsie und Satellitennavigation einschließlich GPS.
Das WGS84 basiert auf dem Gravitationsmodell der Erde.
Nach der präzisen Vermessung mit Satellitentechnik konnte dieses weltweite Bezugssystem erstmals im Jahr 1984 zur Verfügung gestellt worden.
International und natürlich auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland gewinnt durch die vielseitige Verwendbarkeit des amerikanischen Satellitennavigationsverfahren Navstar-GPS (Global Positioning System) das 1984 festgelegte weltweit gültige WGS84 (World Geodetic System ) immer mehr an Bedeutung.
Eine noch höhere Akzeptanz ist durch die größere Genauigkeit gegeben, da die aus militärischen Gründen künstlich auf das GPS-Signal aufgebrachte Ungenauigkeit ab Mai 2000 aufgehoben worden ist.
Das GPS besteht aus einem Verbund aus Satelliten, die die Erde auf elliptischen Bahnen in ca. 20200 km Höhe umrunden.
Dabei bewegen sich je vier Satelliten auf sechs unterschiedlichen Bahnebenen.
Daraus folgt, dass zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort der Erde mindestens vier Satelliten über dem Horizont sichtbar sind.
Aus den Positionen der Satelliten und aus der Laufzeit der Signale wird im GPS-Empfänger die WGS84-Position generiert.
Mit Galileo, dem europäischen seit 2018 betriebsbereiten Satellitennavigationssytem und dem modernisierten Navstar GPS III und GPS IIIF wird die Entwicklung der modernen Satellitennavigation fortgeführt.
Abb. 8: UTM-Meridian
Durch die vielen unterschiedlichen Koordinaten- und Bezugssysteme der Länder werden länderübergreifende raumbezogene Projekte erheblich erschwert.
Abb. 9: UTM-System
Andererseits werden durch die Verbreitung der GIS-Technologien, durch den vermehrten Einsatz von GPS und durch die Internationalisierung von Handel, Politik und Umweltschutz immer mehr staatsübergreifende Geodaten benötigt.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist ein einheitliches Koordinatensystem mit einem einheitlichen Bezugssystem.
Für die Abbildung eignet sich das weltumspannende, in 60 Meridianstreifen unterteilte UTM-Koordinatensystem (Universale Transversale Mercatorprojektion).
Für Europa ist das durch die Kombination mehrerer moderner Navigationsverfahren realisierte ETRF89-Datum (European Terrestrial Reference Frame 1989) als Grundlage für das europäische Bezugssystem ETRS89 (European Terrestrial Reference System 1989) gemessen und ausgewertet worden.
ETRS89
Die Vermessungsverwaltungen der meisten europäischen Länder haben in den 90-ger Jahren für alle Aufgabenbereiche des Vermessungs- und Katasterwesens die Einführung des Koordinatensystems UTM und des Bezugssystems ETRS89 beschlossen.
Dabei wird das GRS80-Ellipsoid (Geodetic Reference System 1980) zugrunde gelegt.
Für die Abbildung in den meisten europäischen Karten wird heute das UTM-Koordinatensystem verwendet.
Abb. 10: Kontinentaldrift
Mit dem ETRS89 wurde ein Bezugssystem geschaffen, das für die gesamte europäische tektonische Platte stabil bleibt.
Die Kontinentaldrift hat also keinen Einfluss auf Koordinaten, die im diesem Bezugssystem festgelegt sind.
Seit dem Beginn des ETRS89 bis heute (2019) hat sich eine Differenz von 60 bis 80 Zentimeter zwischen WGS84 / ITRS und ETRS89 gebildet, die dynamisch um ca. 2,5 Zentimeter pro Jahr zunimmt.
Je nach der Lage eines Punktes auf der eurasischen Platte variiert die Differenz, da der Kontinent langsam aber stetig um den Masseschwerpunkt der Erde rotiert.
In der nebenstehenden Abbildung sind die Vektoren der Verschiebungen und die Winkel der Rotationen anschaulich dargestellt.
Die Umstellung des Koordinaten- und Bezugssystems bietet einen weiteren großen Vorteil.
Die Daten des amerikanischen Satellitennavigationssystems GPS werden normalerweise im Bezugssystem WGS84 (World Geodetic System) angegeben.
WGS84 weicht nur geringfügig vom ETRS89 ab, wodurch mit nur geringen Abweichungen unter einem Meter die direkte Verwendung von GPS-Koordinaten für die Anreicherung raumbezogener Daten und zur Nutzung in modernen Karten möglich ist.
Genaue Datumsübergänge vom vormals verwendeten DHDN90 in das moderne ETRS89 können seit 2008 landesweit mit Hilfe einer Gitterdatei namens BeTA2007 nach dem NTv2-Standard durchgeführt werden.
Die mit dieser Gitterdatei durchgeführten Koordinatentransformationen kommen an eine Genauigkeit im Dezimeter-Bereich heran.
Inzwischen verfügen fast alle Bundesländer über noch genauere NTv2-Gitterdateien.
Einige dieser Gitterdateien können sogar mit Genauigkeiten im unteren Zentimeter-Bereich für das Liegenschaftskataster verwendet werden.
Im Bereich der Planung und Ausführung wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Projekte, im Vermessungs- und Katasterwesen und in den öffentlichen Verwaltungen werden topographische Unterlagen, Karten, Pläne und digitale Daten benutzt, die große Mengen von projektbezogenen Lagepunkten und Koordinaten enthalten.
Die Umstellung dieser raumbezogenen Daten von den alten nationalen Koordinaten- und Bezugssystemen in moderne europa- und weltweite Systeme wird einen längeren Zeitraum erfordern, in dem die alten Systeme neben dem neuen verwendet werden müssen.
In der Übergangsphase werden deshalb häufig Koordinatentransformationen mit geodätischen Datumswechseln von den alten Systemen in das neue System und zwischen den alten Systemen in großen Mengen notwendig werden.
Für die Umstellung, Pflege und Aktualisierung der raumbezogenen Daten wird mit dem Programm TRANSDATpro und dem Geodetic Development Kit GeoDLL Software zur Verfügung gestellt, die weltweit zwischen den verschiedenen Koordinatensystemen und Bezugssystemen umrechnen kann.
Die Software ist einfach zu handhaben und kann große Koordinatenmengen mit hoher Genauigkeit in kurzer Zeit umrechnen.
Dank ihrer hohen Flexibilität und Aktualität vermag die moderne Software vom Ingenieurbüro KilletSoft viele Anwenderbedürfnisse abzudecken.
Das geodätische Programm TRANSDATpro kann unverbindlich zum Testen vom der KilletSoft-Webseite heruntergeladen werden.
Dasselbe gilt für das Geodetic Development Kit GeoDLL, mit dem sich geodätische Funktionen, wie z.B. Koordinatentransformationen, in eigene Software einbinden lassen.
Detaillierte Informationen zur Anwendung der Software und viele Beispiele sind dort ebenfalls vorhanden.
Die Installation der Software ist denkbar einfach und kann mit wenigen Klicks durchgeführt werden.
Dipl.-Ing. Fred Killet
Escheln 28a
47906 Kempen (Germany)
https://www.killetsoft.de